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Wie alt muss ein Oldtimer sein?

Von Herbert Simon (Auszug GE 14/3/2016)

Die Oldtimer-Freunde warten auf den Frühling, um ihre automobilen Perlen aus der Garage zu holen und mit ihnen durch die Lande zu fahren. Vielleicht werden es deren in diesem Jahr etwas weniger sein, denn die Wallonische Region (WR) hat die bislang günstige Regelung der Kraftfahrzeug-Verkehrssteuer für Autos, die 25 bis 30 Jahre alt sind, zum 1. Januar 2016 abgeschafft. Diese Änderung gilt zwangsläufig auch für das Einzugsgebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG), vorerst aber nicht für Flandern und Brüssel.

In der Szene hat dieser Beschluss des Parlaments der WR einigen Wirbel ausgelöst. Denn wer für die Kfz-Verkehrssteuer bislang einen Pauschalbetrag von nur läppischen 35 Euro/Jahr für sein sagen wir mal 27 Jahre altes Automobil berappen musste, wird neuerdings bedeutend mehr zur Kasse gebeten, da es nicht mehr als Oldtimer, sondern als „modernes“ Auto eingestuft wird. Wobei die Hubraumgröße des Motors ausschlaggebend ist, was etwa im Fall eines Zweiliter-Autos mit 11 Steuer-PS einen Betrag von 405,11 Euro, ausmacht, der pro Jahr an den Fiskus entrichtet werden muss. In der Rubrik „Hintergrund“ nachstehend werden weitere Berechnungen hierzu aufgeführt. Insgesamt, so darf man getrost sagen, sind die geltenden Richtlinien ziemlich komplex.

„Die echten Oldtimer-Freunde wollen sich aber den Spaß am Fahren nicht verderben lassen“: So lautet die Erkenntnis aus der Bewertung der aktuellen Entwicklung. In diesem Sinne traf sich das Grenz-Echo jetzt mit zwei Kennern der Szene, die zum Teil mehrere historische Autos - allesamt mit Baudatum vor mehr 30 Jahren - ihr Eigen nennen: Jérôme Kirsch aus St.Vith ist beim Kgl. Auto-Moto-Club (AMC) St.Vith, Ansprechpartner für die rund 140 Mitglieder der Oldtimer-Sparte in diesem Verein, Freddy Trost aus Lommersweiler fungiert als Kontaktperson für die Fahrzeuganmeldungen beim Landesverband (BROV-FBVA) einschließlich der speziellen Versicherung.

 

Keine Frage: Der Oldtimer-Markt blüht. Freddy Trost geht aber davon aus, dass die jüngsten finanziellen Eingrenzungen gewissermaßen zu einer Art „Bereinigung“ führen werden, wie er sich ausdrückt. Denn die in der Vergangenheit eingeführten Lockerungen der Richtlinien hätten offensichtlich die Gefahr von Missbräuchen und Auswüchsen heraufbeschworen. Dem soll jetzt ein Riegel vorgeschoben werden. Allerdings dürfte, so der positive Nebeneffekt aus Sicht von Vater Staat, auch mehr Steuergeld in die Kasse der WR fließen.

Der BROV-FBVA ist zwar im Herbst 2015 bei Regionalminister Christophe Lacroix (PS) vorstellig geworden, doch die beschriebene Reform trat wie geplant termingerecht zum Jahreswechsel in Kraft. „Sie bereitet echten Sammlern wohl kaum Kopfzerbrechen“, unterstreichen unsere Gesprächspartner, sind doch historische Fahrzeuge, die 30 Jahre und mehr auf dem Buckel haben, nicht betroffen. Als Fans guterhaltener alter Vehikel schwärmen sie regelrecht von der rustikalen Technik der 1980er Jahre im Fahrzeugbau oder vom Charme der Kultautos und haben die Erfahrung gemacht: „Bei der Wahl der Oldtimer lassen sich viele Mitmenschen durch ihre Jugenderinnerungen leiten.“ Es handelt sich also um wahre Liebhaber-Stücke, die gehegt und gepflegt werden möchten.

Missstimmung bei den Fahrzeugbesitzern hat der Umstand hervorgerufen, dass die Steueranpassung rückwirkend umgesetzt wird und keine Übergangsregelung für die Periode 25 bis 30 Jahre zugestanden wurde. Im Klartext: Wer bei einem beispielsweise 28 Jahre alten Auto bislang vom preisgünstigen Pauschaltarif profitierte, wird beim nächsten Fälligkeitstermin der Kfz-Verkehrssteuer aufgefordert, den üblichen höheren Satz zu zahlen. „Gerade bei Autos mit einer beliebten hohen Hubraumgröße macht sich die Steigerung schmerzlich bemerkbar“, schlussfolgert Jérôme Kirsch. Kein Wunder, dass viele Betroffene nicht in den sauren Apfel beißen wollen und ihr Auto halt abmelden bis zu dem Zeitpunkt, wo dessen Baudatum 30 Jahre zurückliegt. Und wer einen 25 bis 30 Jahre alten Wagen jetzt anmelden möchte, spürt besonders die Verteuerung gegenüber der bisherigen Regelung: Neben der gängigen Zulassungsgebühr (61,50 Euro) ist die volle Kfz-Steuer zu entrichten. Hinzu kommt noch die Öko-Malus-Taxe gemäß der CO2-Ausstoß-Stufe. Da letztere aber, so schätzt der BROV-FBVA, „bei diesen Autos in 75 Prozent der Fälle nicht offiziell feststeht“, gilt hier eine Pauschale von 600 Euro.

 

Die neue Steuerregelung hat übrigens keine Auswirkungen auf die finanziellen Vorteile, die der Landesverband den Fahrzeughaltern anbietet, wenn sie ihren Wagen als „Oldtimer“ anmelden und mit einem sogenannten „O“-Kennzeichen ausstatten lassen: Hier ist weiterhin das Mindestalter von 25 Jahren. maßgebend. Die Kfz-Versicherung beträgt dann lediglich 125 Euro/Jahr, außerdem gibt es Pannenhilfe für den Fall des Falles und der jährliche Gang zur technischen Fahrzeugkontrolle entfällt (was sich allerdings in Zukunft ändern könnte). Unter diesen Bedingungen ist jedoch der Fahrzeugbetrieb stark eingeschränkt, sprich auf Freizeitmodus ausgerichtet. „Keine gewerbliche oder gewinnbringende Nutzung, kein Einsatz auf dem Arbeitsweg“, erläutern Jérôme Kirsch und Freddy Trost: „Auch muss nachgewiesen werden, dass es sich um ein Zweitauto handelt.“

Die erforderliche Prozedur kann nur über einen Automobilclub bewerkstelligt werden, der dem BROV-FBVA angeschlossen ist, wie beispielsweise in unserer Gegend AMC St.Vith, „Ca-rôle-co“, Old School Racing, AVDG oder Oldtimer-Club Ostbelgien.